Schulpsychologe/in – Schulpsychologie

[toc]Wie arbeiten Schulpsychologen? Was sind ihre Aufgaben? Inwieweit gelingt es, den Herausforderungen von Schulen als Instituition und den darin eingebundenen Schülern gerecht zu werden?

Angewandte Psychologie in der Schule

Zunächst einmal denkt man bei diesem Begriff vielleicht an moderne Herangehensweisen der angewandten Psychologie im komplexen Kontext Schule. Oder auch an Reformpädagogik, wissenschaftliche Erkenntnisse zum Lernen und individuelle Konzepte, die die Qualität und den Zugang zur Bildung optimieren können. Wir alle haben Assoziationen, Erinnerungen und Meinungen zur Institution Schule.

Die Anfänge dieses Berufsbildes liegen aber schon länger zurück. Bereits in den 20er Jahren fingen Psychologen an im Mikrokosmos Schule mitzuwirken und Ihre Erkenntnisse   vorwiegend beratend einzusetzen. Im Laufe der Jahre hat sich dieser Fachbereich der Psychologie weiterentwickelt. Es kamen immer mehr Aspekte hinzu.

Unsere Gesellschaft wird komplexer, verschiedenste Anforderungen und Kompetenzen gewinnen an Bedeutung. Die reine Wissensvermittlung ist nur ein Faktor von vielen, der zeitgemäße Bildungsmaßnahmen ausmacht. Die Anforderungen der Berufswelt werden vielschichtiger, Schlüsselkompetenzen, Soft Skills und mentale Gesundheit bekommen einen immer höheren Stellenwert. Es reicht nicht mehr aus sich nur über Schulnoten und Lernziele Gedanken zu machen. Schule muss mehr und mehr leisten, vieles auffangen, was in Familien keinen Platz mehr findet und möglichst individuell auf junge Menschen mit unterschiedlichen Begabungen, Fähigkeiten und Hintergründen eingehen.

Um diesen Anforderungen treu zu werden, greifen Bildungsinstitutionen auf die Kompetenzen von Schulpsychologen zurück, um ihre Methoden und Verfahren zu optimieren. Im besten Fall entsteht hierdurch ein menschengerechter Entwicklungsort, mit gesunden Lehrern und Schülern sowie konstruktiven Lehrmethoden, Settings und Strukturen.

Ziele

Hauptziel der Zusammenarbeit von Schulen und Schulpsychologen ist die Entwicklung der Persönlichkeit der Schüler, das Erreichen eines adäquaten Schulabschlusses und eine altersgerechte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Ein soziales Miteinander, Deeskalationsstratgegien, Kooperation und Chancengleichheit bilden ein wichtiges Fundament für unsere Gesellschaft und zukünftige Bildungswege der Schüler.

Einstige Werte wie Fleiß und Gehorsam treten in den Hintergrund. Qualitäten wie soziale Kompetenz, Motivation und gute Lernbedingungen treten hingegen in den Vordergrund und werden wichtiger für Schule, Ausbildung und Beruf.

Schulpsychologen sind akademisch ausgebildete Psychologen (Diplom bzw. Master) und Experten in Bezug auf menschliches Erleben, Handeln und Verhalten. Genau darin besteht die Schnittstelle zwischen Schule und Schulpsychologie.

Sie wirken unterstützend und beratend. Schulpsychologen sind nicht, wie man zunächst vermuten könnte, therapeutisch im Schulalltag präsent, sondern agieren eher im Hintergrund und setzen sich für gute Lern- und Lehrbedingungen ein.

In welchen Bereichen arbeiten Schulpsychologen?

Die Arbeit von Schulpsychologen ist sehr vielschichtig und abwechslungsreich. Es gibt hierbei drei Hauptbereiche, in denen die Kompetenz von Schulpsychologen unerlässlich ist.

  1. Unterstützung und Beratung von:
  • Eltern, Schülerinnen und Schülern, Lehrkräften, pädagogischem Personal, Schulleitungen und der Schulaufsicht
  • Schulklassen und Kollegien
  • Schulen als sozialer Organisation und in ihrem institutionellen Bildungs- und Erziehungsauftrag
  • Gremien und Qualitätszirkeln
  1. Einzelfallberatung bei Lern-, Entwicklungs- und Verhaltensproblemen von Schülern und Schülerinnen:
  • Förderung individueller Begabungen
  • Beratung und Förderdiagnostik im Bereich Inklusion
  • Entwicklung von Fördermaßnahmen und -plänen
  • Stärkung der Selbstwirksamkeit, Sozialkompetenz von Schülerinnen und Schülern
  • Methodenkompetenz von Lehrkräften
  • Weiterentwicklung der beruflichen Kompetenz von Lehrkräften
  1. Unterstützung des Systems Schule:
  • Schulentwicklung und Qualität
  • Entwicklung von Inklusion
  • soziales Miteinander
  • Gewaltprävention
  • Fort- und Ausbildung schulinterner Krisenteams und Bewältigung von Krisen in der Schule
  • Gesundheitsförderung von Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern
  • Intervention, Moderation und Mediation bei Konflikten
  • Einzel- und Teamberatung von Lehrkräften
  • Supervision und Coaching
  • Entwicklung und Durchführung von Fortbildungen

Als Experten für menschliches Verhalten sind Psychologen hier besonders wichtig. Sie verfügen über das nötige Fachwissen um an all diesen Punkten konstruktiv und nachhaltig anzusetzen. Durch Fachfortbildungen gewinnen sie zusätzliche Kenntnisse folgender Bereiche:

  1. Schul- und Bildungssystem des jeweiligen Bundeslandes, Bedingungen der jeweiligen Schulen sowie regionale psychosoziale Infrastrukturen
  2. Gruppenprozesse und -dynamiken in Klassen und Gruppen
  3. psychotherapeutische, systemische und lerntherapeutische Verfahren
  4. Methoden des sozialen und kooperativen Lernens
  5. schulpsychologische Krisenintervention in der Schule
  6. Unterrichtsdidaktik, Klassenführung und Schulentwicklung
  7. Methoden der Vortragstechnik sowie der Moderation von Gruppen
  8. Methoden des Coaching, der Supervision, der Mediation und des Konfliktmanagements

Diese sehr anspruchsvolle berufliche Tätigkeit erfordert eine regelmäßige Fortbildung, Reflexion der eigenen Tätigkeit, Supervision, Teilnahme an Qualitätszirkeln, Arbeit in Fachteams sowie Einbindung in schulinterne und -externe Netzwerke. Eine multiprofessionelle Arbeit ist hierbei unabdingbar. Erst dadurch ergibt sich auch eine multiprofessionelle Beratung die alle Bedarfe des Schulsystems mit einbezieht.

Versorgung im internationalen Vergleich

Überraschend ist, dass Deutschland im internationalen Vergleich in Hinblick auf die Schulpsychologie sehr schlecht abschneidet. Internationale Standards fordern einen Psychologen auf 1000 Schüler, Ziel der schulpsychologischen Berufsverbände in Deutschland ist ein Schulpsychologe auf 5000 Schüler, aktuell kommt ein Schulpsychologe auf 9000 Schüler (Stand 2016).

Prävention durch Schulpsychologie

Medienberichte machen hin und wieder darauf aufmerksam wie katastrophal die Lage an deutschen Schulen ist. Lehrermangel und überforderte Lehrer, ein rauher Umgang untereinander, Mobbing, Gewaltdelikte bis hin zu Amokläufen, ungleiche Bildungschancen etc. sind Themen, die eine Ursachenforschung und konstruktive Lösungsstrategien erfordern. Schulpsychologie leistet hierbei einen wichtigen Beitrag.