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Beratung und Therapie in Trauerfällen – J. William Worden – Hogrefe Verlag – Rezension

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Der Verlust eines Angehörigen ist für nahezu jeden Menschen mit der Bewältigung einer emotionalen Krise verbunden. Dies stellt eine natürliche Reaktion auf den Verlust dar und ist für viele Betroffene auch zu bewältigen. Einige benötigen allerdings professionelle Unterstützung in ihrem Trauerprozess.

In diesem Buch gibt der Autor und amerikanische Trauerfoscher William J. Worden eine Einführung in die Diagnostik und Therapie von Trauerfällen.

Es handelt sich hier um eine überarbeitete, erweiterte Ausgabe seines Standardwerkes „Beratung und Therapie in Trauerfällen“ welches bereits seit 1986 auf dem deutschen Markt erhältlich ist.

Inhalt:  Nach dem Vorwort und einer Einführung umfasst das 291 Seiten lange Buch 10 strukturierte Kapitel. Am Ende des Buches findet sich der nützliche Verweis auf hilfreiche Adressen für Deutschland.

Wer weiterführende Informationen benötigt, kann auf die Bibliografie zurückgreifen, diese verweist allerdings zum größten Teil auf englischsprachige Literatur.

Das erste Kapitel beschäftigt sich mit Bindung, Verlust und Trauererfahrung.

Unter Zuhilfenahme des verstorbenen Psychiaters J. Bowlby wird der Begriff Bindung erläutert.

Angesichts zahlreicher Beispiele aus der Tierwelt folgerte Bowlby , dass es triftige Gründe gibt, weshalb eine Trennung heftige Verhaltensweisen auslöst, daraus folgerte er das sich ein instinktgesteuertes Verhaltensrepertoire entwickelt, welches aus der Annahme basiert, dass sich die Bindung wiederherstellt – S. 23)

Diese Reaktion von Tieren zeigt, welche biologischen Prozesse auch bei dem Menschen aktiv sind. Allerdings gibt es Merkmale eines Trauerprozesses welche nur für den Menschen spezifisch sind.

Das erste Kapitel widmet sich demzufolge mit den normalen Trauerreaktionen, insofern geht der Autor auf die verbundenen Gefühle wie Wut, Traurigkeit, Schuldgefühle und Selbstvorwürfe ein.

Dieses kann dem Berater helfen eine normale Trauer oder auch unkomplizierte Trauer genannt von der komplizierten Trauer zu unterscheiden.

Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit dem Trauerprozess, hier wird eine Entwicklung beschrieben, die ein Betroffener durchmacht, während er versucht sich an die veränderten Umstände anzupassen.

Im folgenden wird diese Entwicklung auch als Traueraufgaben beschrieben.

Aufgabe eins –  den Verlust als Realität zu akzeptieren,

Aufgabe zwei – den Schmerz verarbeiten

Aufgabe drei – sich an die Welt ohne den Verstorbenen zu orientieren, hier wird auf die externe und die interne Anpassung eingegangen

Aufgabe vier – eine dauerhafte Verbindung zu der verstorbenen Person inmitten des Aufbruches in ein neues Leben.

Obgleich die Aufgaben nicht unmittelbar nacheinander angegangen werden müssen, wird durch die Aufgabenstellung eine Rangfolge definiert, den jemand der die erste Aufgabe nicht bewältigt hat, wird Aufgabe drei nicht bewältigen können.

Neu an diesem Buch ist das dritte Kapitel, welches sich mit den Mediatoren der Trauer befasst. Das Trauerverhalten des einzelnen wird von vielen unterschiedlichen Faktoren bestimmt.

Mediatoren sind diejenigen Faktoren, welche die Trauer beeinflussen. Dazu gehört unter anderem das Beziehungsverhältnis, Bindungsverhältnis, Todesursache, frühere Erfahrungen, Persönlichkeits- und soziale Variablen, auch gleichzeitig auftretende Belastungen werden hinzugezogen.

Kapitel vier beschäftigt sich mit der Trauerberatung der normalen Trauer. Kurz wird hier auf den Unterschied zu einer Trauberatung und einer Trauertherapie eingegangen.

Die Beratung soll den Trauernden dazu befähigen innerhalb eines vertretbaren Zeitraumes den Verlust durch die Traueraufgaben, auf welche in Kapitel zwei hingewiesen wurde, zu bewältigen.

Es werden Techniken vorgestellt, welche innerhalb einer Trauerberatung nützlich sein können.

Am Ende des Kapitels geht der Autor noch auf die Trauerberatung für Gruppen ein, er weist u.a. auf Rahmenbedingungen hin und gibt Empfehlungen wie mit verschiedenen Situationen adäquat umgegangen werden kann.

Ab Kapitel fünf befasst sich der Autor mit der komplizierten Trauer.

Neben der Beschreibung einer komplizierten Trauer und den Umständen, welche zu dieser Trauerreaktion führen können, werden in diesem Kapitel 12 Anhaltspunkte aufgelistet, welche es dem Beratenden und/oder Therapeuten ermöglichen, eine normale Trauer von einer komplizierten Trauer zu unterscheiden.

Kapitel sechs befasst sich demzufolge mit der Trauertherapie, in welcher es darum geht, Menschen mit einer komplizierten Trauer dabei zu helfen „die ihrer Bewältigung der Traueraufgaben im Wege stehenden Trennungskonflikte zu erkennen und zu lösen“ (S. 149)

In diesem Kapitel werden Anregungen und Techniken vorgestellt.

Kapitel sieben widmet sich mit besonders schwer zu verarbeitenden Todesfällen, zum Beispiel der Tod durch Suizid.  Wer mit Trauernden arbeitet, sollte die spezifischen Merkmale und Probleme kennen und wissen, welche Konsequenzen sie für mögliche therapeutische Interventionen nach sich ziehen. (S.173)

Bisher ging die Trauerberatung/Therapie hauptsächlich um die Trauerreaktion des einzelnen. Kapitel sieben befasst sich dann auch mit der Trauer im Familiensystem.

Aus dem Konzept der Familientherapie beschreibt der Autor, dass sich alle Mitglieder des Familiensystems wechselseitig beeinflussen.

Hier wird auf die Rolle des Familiensystems eingegangen, Hauptaugenmerk des Kapitels liegt hier auf dem Verlust eines Kindes oder aber der Verlust eines Elternteils.

Der Autor rät den Betroffenen Unterstützung in Form einer Einzeltherapie und gleichzeitig einer gemeinsamen Familientherapie zu geben, damit die vier Traueraufgaben bewältigt werden können.

Auch auf die entstehende Betroffenheit / Hilflosigkeit des Beraters/Therapeuten wird im relative kurz gehaltenen Kapitel neun (Trauer des Beratenden) eingegangen.

Kapitel zehn schließlich widmet sich der Ausbildung zum Trauerberater, sehr gut veranschaulicht durch mehrere Fallvignetten.

Mein Fazit: Alle Kapitel sind gut durchstrukturiert und größtenteils leicht verständlich lesbar. Die Ansätze welcher J. Worden verfolgt begründet der Autor durch eine Vielzahl von Forschungsansätzen, Studien und Forschungsergebnissen. Für meine Begriffe etwas zu viel an wissenschaftlichen Ansätzen, allerdings als Hintergrundwissen für interessierte Fachleute durchaus nachvollziehbar. Durch verschiedene Beispiele in den Kapiteln wird dem Leser das jeweilige zugrunde liegende Thema gut veranschaulicht.

Insofern ist dieses Buch sicherlich ein Standardwerk, dass in keinem Regal desjenigen fehlen sollte, der sich mit Trauerberatung und/oder Therapie auseinandersetzt, ob das nun Fachleute sind oder ehrenamtliche Mitarbeiter.

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