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Musiktherapie Praxisbeispiel Depression

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Musiktherapie

6.3.2 Der Fall Thelma

Im Folgenden soll nun anhand eines Protokolls mehrerer Sitzungen mit einer depressiven, hysterischen Patientin gezeigt werden, wie diese Therapeutin arbeitet: Thelma ist 23 Jahre alt, Musikstudentin und seit einem Jahr mit ihrem Ehemann Edgar verheiratet. Seit ihrem 17. Lebensjahr hat sie Depressionen. 1. Sitzung:
Zunächst einmal spricht die Therapeutin mit Thelma. Diese erzählt von ihrer launischen Mutter und beklagt sich über Edgar, ihrem Ehemann, der angeblich kein Gefühl zeigen könne. Auch klagt sie sehr über ihre Depressionen. Die Therapeutin fordert Thelma auf, ihre Gefühle auf den Instrumenten auszudrücken. Das lehnt Thelma jedoch ab. Die Therapeutin bemerkt nun in ihren Bericht, daß sie auf die Musik in der Stimme der Patientin achtet, wenn die zunächst Scheu vor Musikmachen zeigt.
2. Sitzung:
Thelma erzählt der Therapeutin von einem Traum, den sie hatte: Sie ist allein in einem Haus und alle Sicherungen brennen durch. So ist es stockduster im Haus. Die Therapeutin fordert Thelma RHR auf, die Situation musikalisch darzustellen. Die Therapeutin übernimmt auf dem Instrument nun die Rolle von Thelma. -w^ Thelma selber spielt die Dunkelheit. Nun jagt Thelma die Therapeutin förmlich durch das ganze Haus. Die Musik wird so intensiv, daß das Gefühl eines Alptraums ganz real entsteht. Nachdem sie musiziert haben, bietet die Therapeutin Thelma nun eine Erklärung für ihren Traum an: Sie sei zu emotional und sie denke, sie müßte das Gefühl ihres Mannes mit tragen. Das belastete so sehr, daß bei ihr „die Sicherungen durchbrennen”.
3. Sitzung:
Thelma kommt diesmal mit einem anderen Traum in die Sitzung: Sie hat von einem ehemaligen Freund, Tom, geträumt. Sie fühlt sich sexuell mehr zu diesem Mann hingezogen, als zu ihrem 10 Jahre älteren Ehemann. Die Therapeutin stellt Thelma nun die Aufgabe, auf dem Xylophon „Freizeit’ darzustellen, dazu spielt die Therapeutin „Ehe”. Danach besprechen die beiden die Gefühle, die Thelma dabei hatte. Sie fühlte sich von der Therapeutin eingeengt, aber doch wunderbar lebendig in der „Freizeit”. Als sie die Rolle der „Ehe” übernehmen soll, empfindet sie dies als ihr gutes Gewissen.
4. Sitzung:
Am Anfang steht wieder ein Gespräch. Thelma erzählt von ihrem Mann. Er hatte früher einmal einen schweren seelischen Zusammenbruch, nachdem seine damalige Freundin ihn verlassen hatte. Auch erzählt sie von einem Traum, den sie hatte: Sie träumte von Tom und von Augen, die ganz traurig aussahen. Den Erklärungsvorschlag, den die Therapeutin Thelma gibt, daß nämlich diese traurigen Augen ihre eigenen seien und sie so traurig sei weil sie Tom liebte aber nicht geheiratet hatte weil Edgar der Sichere gewesen war lehnt sie heftig ab. Sofort danach aber fängt sie an zu weinen und erzählt von ihrer damaligen Verzweifelung. Sie nimmt sich vor mit Tom zu reden.
5. Sitzung:
Als sie in diese Sitzung kommt, erzählt sie daß sie mit Edgar und Tom gesprochen hat. Die Therapeutin fordert Thelma nun auf, sich musikalisch jeweils einem der beiden zu nähern. Die Gefühle, die sie dabei für Edgar empfindet, sind ehrlich, sanft und zart, die die sie Tom gegenüber „erspielt” sind praktisch und einseitig.
6. Sitzung:
Mit einem Traum beginnt auch diese Sitzung: Auf einem Bahnhof stehend sieht sich Thelma vor der Entscheidung gestellt, entweder den einen Zug zu nehmen und zu Edgar zu fahren oder den anderen nach Tom zu nehmen. Sie fühlt sich wie zerrissen. Die beiden Möglichkeiten, die sich hier ergeben, soll Thelma nun musikalisch vollziehen. Im Zug nach Edgar spielt sie friedlich, fährt sie mit dem Zug nach Tom, empfindet sie Kraft und Mut.
7. Sitzung:
Am Anfang der Sitzung erzählt Thelma der Therapeutin, daß sie mit dem Gedanken spielt, sich von Edgar zu trennen. Als die Therapeutin merkt, daß Thelma sich heute gegen das Musizieren sträubt, kommt im Gespräch heraus, daß Thelma heute von ihrem Lehrer gemaßregelt wurde und sie sehr verletzt reagierte. Die Therapeutin merkte, daß Thelma es nun irgendjemandem irgendwie heimzahlen wollte und es traf sie. Darauf spielen Therapeutin und sie „Gleichberechtigung” mit Xylophone und Glockenspiel. Zunächst geht Thelma in ihrem Spiel in Opposition zu Mrs. Priestley. Danach aber bekommt sie Angst und spielt der Therapeutin unterwürfig nach. Im anschließenden Gespräch kommt heraus, daß Edgar sie gewöhnlich bei Fragen ihrer Musikausbildung berät.
8. Sitzung:
Thelma erzählt, daß sie wieder gut mit Edgar auskommt. Sie hat sich aber auch mit Tom getroffen. Heute spielt Thelma musikalisch durch, wie sie sich die Zukunft mit Edgar vorstellen kann. Beim Thema „Kind” spielt sie dann ganz gefühlvoll und berichtet später davon, daß sie es sich durchaus vorstellen kann, mit Edgar bald ein Kind zu haben.
9. Sitzung:
Obwohl die Gefühle für Tom immer noch liebevoll sind, hat sich die Ehe mit Edgar weiter gefestigt. In einer Gesangsimprovisation über einen Traum, den Thelma hatte, kann sie heute ganz klar ihre Emotionen ausdrücken. Es geht in ihrem Traum um eine Badewanne, in der lauter Insekten krabbeln. Vermutlich geht es hierbei um sexuelle Schuldgefühle.
Obwohl die Therapeutin noch viele weitere Gründe findet/ um die Musiktherapie fortzusetzen, beendet Thelma hier die Behandlung. Mrs. Priestley vermutet noch tiefer liegende innere Konflikte bei der Patientin. Aber die Ergebnisse, die bis hierhin erzielt wurden, bezeichnet sie als Erfolg. So kann Thelma jetzt, nach Berichten ihres Umfeldes und ihres Mannes, sehr viel besser mit ihren Emotionen umgehen und sie besser artikulieren. Auch die häufigen Hysterieanfalle seien seit der Behandlung völlig beseitigt (Vgl. 4, S. 132-138).

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