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Psychotherapie für Menschen mit Migrations- und Fluchterfahrung – Gräßer, Iskenius & Hovermann – Beltz-Verlag- Rezension

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Dieses Buch enthält verschiedene praktischeTherapie-Tools für die therapeutische Arbeit mit Menschen mit Migrationshintergrund und Fluchterfahrung. In den insgesamt 17 Kapiteln und 129 Arbeitsblättern (u.a. Übungen, Fragebögen,Checklisten und Hausaufgaben werden neben der Beantragung einer Psychotherapie (Ablaufschema) unter anderem die Diagnostik, die Behandlung, sowie schwierige Themen wie Suizidalität, Trauer und Verlustarbeit sowie die Selbstfürsorge behandelt.

Zu Beginn wird zunächst die Selbstreflexion des Therapeuten thematisiert. Mithilfe von Arbeitsblättern soll der Therapeut u.a. seine eigene Einstellung zu dem Thema einschätzen. Bereits vor Beginn mit der Arbeit, sollen eigene Ressourcen, Kompetenzen und Fähigkeiten zusammen getragen werden.

Es werden Formalitäten und Abrechnungen, wie Widerspruchsformulare bei abgelehnten Therapien bis hin zu Musterbriefen zur Beantragung von Dolmetscherkosten zur Verfügung gestellt. Weiterhin werden zu Beginn Interkulturelle Aspekte behandelt. Was erwartet der geflüchtete von der Therapie? Und welche Merkmale unterscheiden die
Individualistische von der kollektivistischen Gesellschaft? Hier soll dem Patienten die Arbeit eines Therapeuten verglichen mit der eines Arztes veranschaulicht werden. Mit einigen Formulierungsbeispielen wird versucht die Bindung zwischen Patient und Therapeut herzustellen. Wie geht man mit Patienten um, die Ihr Leid als gottgegeben und schicksalshaft vorbestimmt ansehen? Mit Hilfe von Dolmetschern soll die „Therapie zu
dritt“ die Arbeit vereinfachen. Es werden Adressen zum Auffinden geeigneter Dolmetscher aufgezeigt und auf die Kriterien die ein Dolmetscher erfüllen sollte hingewiesen.

Das Buch beeinhaltet Arbeitsblätter die den ersten Patientenkontakt mit Patienteninformationsformularen vereinfachen sollen. Der Ablauf des Erstgesprächs (Begrüßung und Gepflogenheiten in anderen Ländern) wird aufgezeigt. Es werden verschiedene Praxisbeispiele und Anamnesebögen sowie Formulierungsbeispiele zur
patientengerechten Erklärung von Erinnerungen und traumatischen Erlebnissen dargestellt. Auch werden Möglichkeiten zum Einsatz von kreativen und nonverbalen Techniken aufgezeigt. Dies ist aufgrund der häufigen Defizite in der Sprachvermittlung besonders hilfreich. Es wird auf die therapeutische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen eingegangen. Hilfreich sind hierbei die Empfehlungen von geeigneten Kinderbüchern. Bei
schwierigen Therapiesituationen (z.B. Panikreaktionen oder ständige falsche Beschuldigungen) werden Behandlungsmaßnahmen aufgezeigt, die sich bewährt haben. Zudem werden Hilfsangebote wie Beratungsstellen für Suizidgefährdete Patienten genannt.

Fazit: Dieses praxisbezogene Buch ist eine gute Hilfe für Therapeuten und Menschen die beruflich oder ehrenamtlich mit Menschen mit Migrations- und Fluchterfahrung arbeiten, geeignet. Es ist sehr vereinfacht dargestellt und praktisch gegliedert. Verschiedene Icons helfen dabei die richtigen Arbeitsblätter (Tools) ausfindig zu machen. Das Buch enthält nicht nur eine Reihe von Therapieansätzen und Behandlungsmöglichkeiten sondern bietet zudem Hilfestellungen in Sachen Formalitäten, Anträgen sowie geeigneten Musterbriefen. Positiv ist zudem, dass die Selbstreflexion und die Selbstfürsorge des Therapeuten nicht außer Acht gelassen wird. Da mit ausgewählten Fragen die eigene Zufriedenheit, positive und negative Erfahrungen reflektiert werden.

Meines Erachtens ein gelungenes Werk für den Einstieg in ein schwieriges Thema, an das sich mehr Therapeuten heran trauen sollten. Um die Arbeit des Therapeuten zu vereinfachen, wäre die Übersetzung einiger Tools in verschiedene Sprachen (z.B. Arabisch) empfehlenswert.