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Versöhnungsprozesse in der Paartherapie – Ein Handbuch für die Praxis (mit DVD) – Junfermann – Rezension

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Friederike von Tiedemann (Hrsg.), Versöhnungsprozesse in der Paartherapie – Ein Handbuch für die Praxis (mit DVD), Junfermann 2017. Mit Beiträgen von J. Engl, A. Herzog, P. Kohlgraf, N. Klann, F. Thurmaier, F. von Tiedemann, E. Scholl. N. Wilbertz. Die Herausgeberin Friederike von Tiedemann ist Psychologische Psychotherapeutin und Supervisorin, lehrt systemische-integrative Paartherapie und leitet das Hans Jellouschek Institut Freiburg.

Versöhnung, so die zentrale These dieses Bandes, ist früher oder später immer Thema in der Paartherapie. Denn wo Menschen einander nahekommen, gibt es Verletzung, und wo es Verletzung gibt, kann ein Versöhnungsprozess Verstummen, Stagnation und Distanzierung verhindern oder aufbrechen.

Der Textband mit Beiträgen von acht Paartherapeut*innen ist so aufgebaut, dass man ihn sowohl von Anfang bis Ende lesen als auch zu einzelnen der 7 Kapitel separat Zugang finden kann. Die Vielzahl der Beitragenden sorgt für Perspektivvielfalt. Der wissenschaftliche Anspruch des Textbandes wird deutlich, wenn Begriffe im 1. Kapitel definiert und voneinander abgegrenzt werden. Was ist hier gemeint, wenn von Versöhnung die Rede ist, und wieso wird Verzeihen keineswegs synonym verwendet?

Im 2. Kapitel dann wird auch der weitere Anspruch des „Handbuchs“ deutlich, konkrete Handlungshilfen für Paartherapeut*innen zu geben. Da das Buch sich an einem imaginären chronologischen Ablauf einer Paartherapie orientiert, geht es zunächst darum, Versöhnungsbereitschaft herzustellen und grundlegende Gesprächsregeln zu vereinbaren.

Der praxisorientierte Teil wird im 3. Kapitel fortgesetzt, der sich der Planung, Gestaltung und Durchführung von Versöhnungsprozessen widmet. Dieses Kapitel ist das umfangreichste des Bandes, und zurecht. Die vorgestellten Methoden werden ausführlich beschrieben und begründet und zusätzlich auf einer beigefügten DVD in Rollenspielen dargestellt. Letzteres steigert nicht nur die Anschaulichkeit, sondern verhilft auch zu einem schnelleren Verständnis der jeweiligen Techniken, die sich besser einprägen. Zu den hier vorgestellten Techniken gehört dialogische Stuhlarbeit genauso wie Techniken zur Visualisierung kontraproduktiver Verhaltensmuster in der Paarbeziehung.

Die Begleitung der dargestellten Methoden durch die DVD endet bedauerlicherweise im 4. Kapitel, das sich Stagnation im Versöhnungsprozess zuwendet. In den einzelnen Abschnitten wird hier auf die verschiedenen Gründe eingegangen, die zu Stagnation führen können, und wie sie betrachtet und bearbeitet werden können. Die Beleuchtung von Hindernissen im Versöhnungsprozess vervollständigt den praktischen Teil, anhand dessen Therapeut*innen Paare durch den Prozess begleiten können.

Das 5. Kapitel stellt die christlichen Hintergründe der Frage nach Schuld, Vergebung und Versöhnung vor und ist deshalb weniger allgemein anwendbar als die vorhergegangenen Kapitel. Hier sind praktische Arbeitshinweise für die Paarberatung rar gesät und Bibelinterpretationen und deren Auswirkung auf christliche Klient*innen stehen im Mittelpunkt. Therapeut*innen, die mit Klient*innen arbeiten, bei denen beim Thema Schuld vordergründig christliche Moralvorstellungen aktiv werden, könnte es zu einem tieferen Verständnis verhelfen.

Das 6. Kapitel ist wieder von allgemeinerer Relevanz und stellt Untersuchungen zu Bewältigungsstrategien von Paaren nach Verletzungen vor. Die beschriebene Studie leitet hilfreiche und weniger hilfreiche Strategien für die Bewältigung von Verletzungen aus Antworten von Paaren ab. Leider bleiben diese oft vorhersehbar, so z.B. die Erkenntnis, dass „Ärger/ Groll/ Vermeidung“ am stärksten den Vergebungsprozess behindern.

Das letzte, wenige Seiten umfassenden 7. Kapitel dient als Ausblick auf zukünftige Entwicklungen der Versöhnungsarbeit in der Paartherapie und der dazugehörigen wissenschaftlichen Studien.

Fazit: Versöhnungsprozesse in der Paartherapie ist ein anschaulich aufgebautes Handbuch mit dem Anspruch, Berater*innen und Therapeut*innen einerseits theoretische Überlegungen zum Thema und andererseits praktische Techniken für den Umgang mit Verletzung und Versöhnung an die Hand zu geben. Die immer wieder angedeutete christliche Perspektive schränkt gelegentlich die Relevanz der Themen ein, insgesamt ist der Band durch den praktischen Ansatz dennoch sehr empfehlenswert, nicht nur für Therapeut*innen, die mit Paaren arbeiten.

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